Hirnscans verraten Hang zum Drogenmissbrauch

Jugendliche, die sehr impulsiv sind, probieren eher Drogen aus – sind daher stärker gefährdet, abhängig zu werden. In einer Studie mit knapp 1900 Teilnehmern haben Forscher jetzt Hirnregionen ausgemacht, die bei diesen Jungen und Mädchen ungewöhnlich reagieren.

Ein Hang zu Drogenmissbrauch lässt sich laut einer Studie bei Jugendlichen im Gehirn erkennen. Einige Teenager hätten ein höheres Risiko, mit Drogen und Alkohol zu experimentieren, weil bestimmte Eigenheiten ihres Gehirns sie impulsiver machten, schreibt ein internationales Forscherteam im Fachjournal „Nature Neuroscience“. Das Ergebnis helfe bei der Klärung der Frage, ob bestimmte Hirnmuster schon vor der Abhängigkeit existieren – oder erst durch längeren Drogenmissbrauch entstehen.Fast 1900 Jugendliche nahmen am der Studie von Robert Whelan und Hugh Garavan von der University of Vermont (USA) und ihren Kollegen teil. Für eine Untersuchung, bei der von jedem Probanden per funktioneller Magnetresonanz-Tomographie (fMRT) Aufnahmen des Gehirns angefertigt werden, ist das eine extrem hohe Teilnehmerzahl.Die 14-jährigen Jungen und Mädchen wurden gebeten, bei einem Test einen Knopf zu drücken. In einigen Fällen mussten die Teenager die Bewegung in letzter Sekunde stoppen – Menschen mit guter Impulskontrolle gelingt dies besser. Jugendlichen, die unter einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) leiden, fällt das dagegen schwerer. Ebenso haben Drogenkonsumenten größere Probleme bei der Aufgabe. Die Jugendlichen sollten zudem angeben, ob und welche Drogen sie bereits konsumiert hatten. Einbezogen wurden auch genetische Analysen.

Verschiedene neuronale Netzwerke beteiligt

Die Forscher konnten sieben Netzwerke im Gehirn ausmachen, die besonders aktiv waren, wenn die Jugendlichen den Prozess wie gewünscht kurzfristig abbrechen konnten. Sechs andere waren dagegen involviert, wenn die Probanden es nicht schafften.Eine Schlüsselerkenntnis: Bei den Jugendlichen, die bereits Alkohol, Zigaretten oder illegale Drogen ausprobiert hatten, war ein neuronales Netzwerk, zu dem der sogenannte orbitofrontale Cortex gehört, weniger aktiv. Es funktioniere bei einigen Kindern nicht so gut wie bei anderen – das mache sie impulsiver und damit auch anfälliger fürs Experimentieren mit Drogen, sagt Whelan. Der orbitofrontale Cortex – ein Teil des Frontallappens der Großhirnrinde – wird schon lange mit mangelnder Impulskontrolle und Drogenmissbrauch in Verbindung gebracht.Bei ADHS sind allerdings andere Netzwerke involviert, berichten die Forscher. Anders als bisher angenommen würden ADHS und ein Hang zum Drogenkonsum – obwohl beide mit mangelnder Impulskontrolle in Verbindung stehen – wohl nicht komplett über dieselben, sondern verschiedene Steuerkreise reguliert.Die Studie wurde von der Europäischen Union finanziell unterstützt. Sie ist Teil des Analyse-Projekts „Imagen“, bei dem europäische Wissenschaftler Daten von 2000 Jugendlichen aus Irland, Frankreich, England und Deutschland über Jahre erfassen und auswerten. An der aktuell präsentierten Studie waren Forscher aus Hamburg, Berlin, Heidelberg und Dresden beteiligt. Whelan betonte, dass die jetzt erkannten Muster bei einer normalen fMRT-Studie mit 16 bis 20 Teilnehmern nicht entdeckt worden wären.

wbr/dpa