Physiologische Grundlagen der Entstehung von Abhängigkeit

Alle Phasen der Abhängigkeit spielen sich primär im gleichen kleinen Hirnareal ab: im Nucleus accumbens, dem so genannten „Belohnungssystem“. Es verbindet lebenswichtige Vorgänge wie Essen, Trinken und Sex mit einem Lustgefühl. Dazu schütten die Nervenzellen Botenstoffe aus, vor allem Dopamin. Nikotin steigert die Ausschüttung des Dopamins.

Das „Belohnungszentrum“ verknüpft die Umstände des Konsums mit der spezifischen Wirkung der Droge. Nikotin löst also eine wohlige Gefühlskaskade im Belohnungszentrum des Gehirns aus. Eine Zigarette beglückt den Raucher ähnlich wie ein Kuss oder ein gutes Essen. Diese „Belohnung“ wird direkt mit der Tätigkeit des Rauchens assoziiert.

Der regelmäßige Raucher wiederholt ständig seine „Erfahrung“, dass Rauchen eine beglückende Tätigkeit sei. Dies prägt sich tief in sein Unbewusstes ein, es entsteht ein sogenanntes „Suchtgedächtnis“. Dieses Gedächtnis wird aktiv, wenn der Spiegel an wirksamen Substanzen im Belohnungszentrum nachlässt, oder wenn der Raucher einen anderen rauchen sieht. Dann erwacht wieder das Verlangen nach einer neuen Dosis Nikotin.

Ein weiterer Aspekt ist die Vermehrung der Anzahl von Nikotinrezeptoren bei chronischem Nikotinabusus. Bei Untersuchungen an Gehirnen gestorbener Raucher wurden doppelt so viele Rezeptoren gefunden wie bei Nichtrauchern. Eine Hypothese ist, dass dadurch bei Kettenrauchern besonders viel Dopamin ausgeschüttet wird, was eine intensivierte Reaktion auf das Nikotin zur Folge hat. Allerdings ist das Phänomen reversibel: bei Ex-Rauchern sinkt die Anzahl der Nikotinrezeptoren wieder in den Normbereich. Das Suchtgedächtnis scheint jedoch eine irreversible Komponente aufzuweisen, die die Entwöhnungsschwierigkeiten erklärt.

Mit zunehmender Gewöhnung nimmt die Zahl der Rezeptoren zu, dafür werden sie unempfindlicher. Das Gehirn braucht größere Dosen der Droge.